In Assuan ist immer noch der schönste Platz die Nil-Passage vor den König-Fuad-Terrassen des legendären Old Cataract Hotels zum Sonnenuntergang (heute leider ohne klassische Musik) mit dem Blick auf diesen einmaligen, magischen, längsten Fluss Afrikas, mit seinen Felukkas.
Der König nahm hier bevorzugt seinen Tee ein, wenn er - wie häufig - in Assuan war. Mitterand liess sich zum Sterben herfliegen. Aga Khan und seine Begum sind im Mausoleum hier bestattet. Sie lebten unterhalb in ihrer Villa "Nur-el-Salam - Licht des Friedens". Ich begegnete der Begum vor langen Jahren einmal frühmorgens, als sie ihre alltägliche Rose zum Sarg ihres Gatten brachte. Eine eindrucksvolle Gestalt voller Würde!
Assuan, Old Cataract Hotel, Nil mit Felukken und Insel Elefantine im Hintergrund, deren Silhouette durch den Turm des Oberoi Hotels verunstaltet wird.
(Fotos: K.G.Müller)
Alles Leute, die an den schönen Plätzen der Welt zuhause waren und diesen wählten. Auf der Insel Elefantine, der ehemaligen bedeutenden Grenzfeste und Handelsstadt, gräbt Cornelius von Pilgrim mit seinem zwölfköpfigen schweizer Team einen neuentdeckten Tempel von Psammetich II aus, einem Parao, von dem man bisher relativ wenig weiss. Zudem sind an mehreren Baustellen in der Stadt Notgrabungen im Gange, die eindrucksvollste in 10 m Tiefe mit überhängendem Geröll, gegenüber der neuen koptischen Kathedrale. Eine ptolemäische Schicht wurde dort soeben erreicht.
Mausoleum und Villa des Aga Khan in Assuan



Pilgerfahrt nach Mekka: Aufbruch und Transportmittel in naiver Malerei
Wie liest das Schild auf der Westbank? "Smile, you are in Luxor!" Hier gibt es allerhand Neues. Der kürzlich ausgegrabene Tempel des Merenptah ("der von Ptah Geliebte") wurde eröffnet. Sein Vorgänger Ramses II, "Ramsex", hatte ihm nach standesgemäss zu versorgenden fast 200 Kindern, großen Feldzügen und Bauorgien leere Staatskassen hinterlassen. Daher benutzte Merenptah den Tempel des Amenophis III als Steinbruch. Die Funde reissen einen nicht vom Stuhl, sind aber malerisch vor der Kulisse von Gurna, dem Grabräuber-Dorf, drapiert. Seine Häuser sind so praktisch über alten Gräbern gebaut, dass nun schon Generationen vom Schwarzhandel mit Grabschätzen leben und sich natürlich jeder Umsiedlung nach Neu-Gurna erbittert widersetzen. Hauptargument: Die Häuser der Ahnen mit ihren Malerein, die an die Mekka-Pilgerfahrt der Besitzer erinnern.
Im Karnak-Tempel ist die rote Kapelle der Königin Hatschepsut mit besonders schönen Wandreliefs neu hergerichtet. Opferszene in der Roten Kapelle der Hatschepsut
Der Chef der Antikenverwaltung, Holeil Ghaly, organisiert jeden Samstagabend im Museum für Mumifizierung einen Vortrag eines gerade anwesenden Experten für die einheimische und Expat-Gemeinde der Hobby-Ägyptologen. Eine charmante Sache! Besonders interessant: ein Lichtbildervortrag über neugefundene Statuen des Ketzerkönigs Echnaton und seiner Gattin Nofretete in Ost-Karnak.
       
Luxor Westufer, Memnon-Kolosse, anschliessend Sicht- (und Photo-)Schutz der neuen Ausgrabung, dahinter Dorf Gurna am Fusse des 447 m hohe Gebirges. Das Gebirge mit Tal der Könige, der Königinnen, Gräber der Edlen, der Arbeiter usw. zeigt viele Muscheln, sogar Ammoniten, Zeitgenossen der Dinosaurier und mit ihnen ausgerottet (übrigens vom ägypt. Widder-Gott Amon mit seinen gewundenen Hörnern).
Rainer Stadelmann, der bekannte Ägyptologe und frühere Leiter des Deutschen Archäologischen Instituts in Kairo, gräbt mit seiner Frau und zwei Dutzend Ägyptern direkt hinter den Memnon-Kolossen. Ein neues Kapitel dieser romantischen Riesenstatuen von 16 m Höhe. Sie stellen Wächterfiguren vor dem Tempel des Pharao Amenophis III dar. Dieser war einst der grösste Bau der Westbank. Aber der Zahn der Jahrtausende, die erwähnte Benutzung als Steinbruch und das Sandstrahlgebläse des Wüstenwindes haben wenig mehr als ein paar Fundamente davon übrig gelassen. Als sich nach einem Erdbeben im Jahr 27, nach unserer Zeitrechnung, ein Riss in der nördlichen, im obigen Foto rechten der beiden Statuen bildete, entstand allmorgendlich bei Sonnenaufgang - wohl durch Luftströmungen - ein heulender Ton. Die zahlreichen römischen Touristen deuteten das als Gruss des Memnon (äthiopischer König, der von Achilles im Trojanischen Krieg getötet worden war) an seine Mutter Eos/Aurora, die "rosenfingrige" Göttin der Morgenröte. Aurora ihrerseits vergoss um ihren tapferen gefallenen Sohn täglich Tränen, die als Morgentau die Pflanzen benetzten. Septimus Severus liess nach einem Besuch den Riss reparieren. seitdem schweigt "Memnon". Nun hat Dr. Stadelmann gleich dahinter zwei weitere Kolosse entdeckt. Einer ist noch in der Erde. Der andere von 12 m Höhe (stellenweise geklammert) wird auf einem Kissen mit Pressluft langsam angehoben. Man hat ihn gerade aus dem Grundwasser bekommen.
Wenn er auf 6 m gehoben ist, soll er aufgerichtet werden. Noch weiss niemand, von wann er stammt und wen er darstellt. Darunter hat man Knochen und einen Zahn gefunden - zu groß für einen Menschen, vermutlich von einem Esel. Das Grautier marschierte also gerade vorbei, als der Koloss umstürzte und es unter sich begrub (genau wie einer der Menhire von Stonehenge einen unglücklichen Friseur mit der Schere in der Hand erschlug). Pech für den Esel, aber ein Glücksfall für die Archäologen. Denn die Knochen werden eine C14-Datierung ermöglichen.
Unwissenschaftlichere, aber ebenso interessante Reisende traf ich in meinen Traveller-Hotelchen: Südafrika-Europa per Auto oder in öffentlichen Bussen. Äthiopien und Sudan mit dem Motorrad. Ägypten per Drahtesel. Die "schwarze Baroness" Kim Marx lud mich in Assuan als Kopiloten zum Weltrekord im Schleppflug nach Namibia ein. Eine märchenhafte Sache von insgesamt 12.000 km in einem einmotorigen Flugzeug (mit sowas fliegen nur Fatalisten über Meer), das mit einem 60 m langen daumendicken Seil ein Segelflugzeug mit zwei Mann schleppte. Beide Flugzeuge aus der ehemaligen "Ostzone" sind für eine Lodge bestimmt. Frau Marx macht sonst Bannerflüge zur Werbung und hat daher viel Flugschlepp-Erfahrung. Ihre Geschlechtsumwandlung ging mal durch die Regenbogenpresse, sie aber spricht von ihren zwei Töchtern. Ich freute mich schon auf das fliegerische Abenteuer und ein interessantes Buchthema. Leider erreichte dann aber der Handling-Agent keine Landegenehmigung für den Sudan. 120 Liter Sprit mussten daher zum Überfliegen zusätzlich ins Cockpit und während des Fluges in den Tank umgepumpt werden. Für mich blieb somit kein Platz. Schade! Vielleicht in einem anderen Jahr oder einem anderen Leben - in sha'Allah. Inzwischen sehe ich im Internet über google.de/schwarze Baroness, dass der Segelflieger im Äthiopischen Hochland hängengeblieben, die "Zug-Maschine" aber gut in Namibia angekommen ist. Kim hatte während ihres langen "Seemannsgarns" schon erzählt, dass sie einmal auf den griechischen Inseln plötzlich den Gleiter vorne unter sich sah, als der sich ungewollt ausgeklinkt hatte. Sie musste dann auch auf dem selben Acker landen. Wie bunt ist doch das Leben!

Luxor-Tempel mit Sphingen-Allee, Pylon, Ramses-Statue, Obelisk (das Pendant ziert die Place de la Concorde in Paris)

Im Alltag ist Ägypten immer wieder ein Kurs in Lachen und Heiterkeit, Herzlichkeit und Improvisation (ähnlich wie Kuba). Schon das Fahrradfahren - immer ein Überlebenstraining - ist eine Quelle ständiger erstaunlicher Überraschungen. Fast jeder, ob zu Fuss, irgendwie motorisiert, zu Pferd, Kamel, Esel, auf erstaunlichsten Karren oder Fahrrädern, bewegt sich auf jeder Strassenseite in jeder Richtung und rechnet auf blitzschnelle, verständnisvolle Reaktionen des jeweiligen Gegenübers. Sturheit und Paraphentreue werden hier schnell bestraft. Fussgänger benutzen kaum die allerdings 40-50 cm unbequem hohen Gehsteige, sondern bevorzugen die Strassenmitte, vielleicht weil es dort im Sommer bei 45° ein klein wenig mehr Lufthauch gibt. Gewiss wird man auf der Corniche ständig angemacht. Aber auf jeden, der "Bakschisch", "Motorboat", "Felukka" ruft oder sich neuerdings aus irgendeiner Ecke mit ausgestreckter Hand auf einen stürzt "Welcome back, my friend! Remember me? Want to go to Westbank?" kommen drei, die einem freundlich zulächeln, ermunternd zunicken, mitlaufen, um einem den Weg zu zeigen, etwas zu essen oder trinken anbieten. Prächtige Menschen!

  
Hochklappbarer Bug an einem der Kreuzfahrtschiffe. Jeder Meter Schleusenraum ist teuer!

Klaus G. Müller, 2005



 

"Eine Prise China. Schnupftabakflaschen - Spiegel der chinesischen Seele", eine kleine kulturgeschichtliche Plauderei über das Reich der Mitte und auch über ein faszinierendes Sammelgebiet, Deutsch und Englisch in einem Band mit vielen schönen Sammlerphotos (Verlag Böhlau, Wien). Europublic meinte dazu: "... es ist ein Buch für jeden - will sagen, jeden, der sich für Kulturen interessiert. Es ist präzise, mit Liebe und Humor geschrieben und hat den großen Vorzug, sowohl faszinierend als auch informativ zu sein. - ... wunderbar gestaltet..."
Freies Asien
fand: "Der Verfasser unternimmt einen Streifzug durch die chinesische Kulturgeschichte... offeriert einen tiefen Einblick in die chinesische Denkweise und versteht es, den Leser für die chinesische Kultur zu begeistern. Zahlreiche kleine Anekdoten sowie schöne Photos runden das Werk ab..."